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Note : 8/10

Akphaezya: Anthology IV - The Tragedy Of Nerak

Deutlich gereifter als der Vorgänger
Wertung: 8/10
Genre: Progressive Metal/Avantgarde
Spielzeit: 51:52
Release: 30.03.2012
Label: Code666 Records/Aural Music

Die Franzosen von Akphaezya sind eine jener Bands, die sich gerne mit einer mystischen Aura umgeben. Auf der Website des Quartetts ist die Rede davon, Akphaezya sei eigentlich ein Konzept, das in fünf Teile aufgesplittet ist, von dem die Band selbst aber im Prinzip auch nicht viel wüsste – man sei jedoch bemüht, die Elemente zu finden, die erklären könnten, was wirklich passiert ist. So weit, so verwirrend. Doch das Ende der Fahnenstange ist damit noch längst nicht erreicht, denn zunächst einmal handelt es sich bei „Anthology IV – The Tragedy Of Nerak“ keineswegs um das vierte Album der Band oder das vierte innerhalb eines Konzepts, sondern erst um das zweite. Das Debüt – von dem es bei The-Pit.de ebenfalls ein Review gibt – wiederum war lustigerweise mit „Anthology II“ betitelt.

Und erinnern wir uns: Die Mucke, die die vier Franzosen um die charismatische Frontfrau Nehl Aelin auf ihrem Erstlingswerk zum Besten gegeben haben, konnte man auch nicht gerade leicht verdaulich nennen. Munter wurden verschiedenste Stilrichtungen durcheinander gewürfelt und abenteuerliche Arrangements hervorgezaubert – das Resultat war eine in gewissem Sinne durchaus beeindruckende Scheibe, der mitunter aber auch etwas unausgegorene und zerfahrene Momente innewohnten. Diesmal hat man sich an ein ambitioniertes Projekt gewagt, was bereits ein Blick auf die Tracklist zeigt, die eine Aufteilung in Akte und Szenen aufweist: Man hat sich an der klassischen griechischen Tragödie orientiert, was auch das antik gestaltete Cover erklärt.

Um sehr talentierte Musiker handelt es sich bei Akphaezya zweifellos und auch auf ihrer neuen Platte decken sie ein unheimlich breites musikalisches Spektrum ab. Verrückte, oft Gimmick-haft erscheinende Einfälle gibt es auch hier wieder zuhauf, jedoch deutlich zielorientierter und durchdachter platziert als auf dem Debüt. „Utopia“ beispielsweise beinhaltet einige vertrackte Breaks, aber ebenso eine eingängige, irgendwie coole „Yeah! Yeah! Yeah!“-Passage, und auch „Húbris“ wartet mit einer bizarren, aber keineswegs selbstverliebten Break-lastigen Sequenz auf, die allerdings gekonnt in den Song eingebettet wurde, welcher episch und schleppend und mit fetten Breitwand-Orgelsounds ausgestattet anfängt und endet. 

Die Truppe ist in den vier Jahren, die zwischen den beiden Outputs lagen, also deutlich gereift. Vielseitigkeit, Abwechslung und Individualität werden nach wie vor großgeschrieben, aber eben nicht um jeden Preis. Es tauchen immer noch so unterschiedliche Extreme wie jazzig angehauchte Parts, Chanson-artiges und Blastbeats auf und man ist somit weiterhin in der Lage, zu überraschen, doch das Gesamtbild ist einfach stimmiger und die Arrangements ausgeklügelter. Dies verdeutlicht bereits der Opener „A Slow Vertigo“, der mit melodischer Strophe und hypnotisch-rhythmischem Refrain daherkommt und mit einigen geschmackvoll gesetzten Keyboard- und Cellofarbtupfern überzeugen kann.

Und selbst ein ruhiges, sehr klassisch geprägtes Klavierstück wie „Trance H.L.4“ wirkt überhaupt nicht deplatziert zwischen erwähntem Epos „Húbris“ oder dem ordentlich Dampf machenden Midtempo-Stampfer „Genesis“, und auch das flott preschende „Nemesis“ stört trotz des eklatanten Kontrasts im Vergleich zu dem „Dystopia“ betitelten, sehr ruhigen und mit einschmeichelnden Celloklängen versehenen Track vorher (übrigens sicherlich ebenfalls recht eigenartig, dass ein Stück, das „Utopia“ heißt, härter daherkommt als eines mit dem Namen „Dystopia“) kein bisschen. 

Auch die Produktion ist um Welten besser als auf dem vorangegangenen Album, was sich insbesondere im wesentlich kraftvolleren Gitarren- und Drumsound niederschlägt. Außerdem weiß Madame Aelin erneut mit facettenreichem Gesang zu faszinieren, sie flüstert, singt, schreit und jammert (und bedient nebenbei auch noch sämtliche Tasten), hat allerdings das Growling deutlich reduziert – bis auf ein paar kurze Einsprengsel bei „Sophrosyne“ und „Nemesis“ ist es fast komplett verschwunden, wird aber auch nicht wirklich vermisst. Die Band hat wirklich einen großen Sprung und eine interessante Entwicklung gemacht – da kann man glatt jetzt schon gespannt auf das nächste Album sein. Das müsste dann wohl „Anthology VI“ heißen. Oder „Anthology VIII“.